Liebe D‘oro,
danke, dass Du uns hierher in dein Allerheiligstes eingeladen hast, liebe Anwesenden, schön, dass Ihr alle der Einladung gefolgt seid!
Was Künstler von uns ganz normalen Menschen unterscheidet, ist so glaube ich jedenfalls dass diese in ihre ganze eigene Welt abtauchen können aber gleichzeitig mit ihrer Arbeit offenbaren, wofür ihr Herz schlägt. Und so ist die Einladung in ein Atelier ein ganz besonders intimer Moment. Ich weiß ja sehr wohl, wie es sonst hier aussieht, und kann nur feststellen, dass Du so gut aufgeräumt hast, um hier Platz für uns alle zu machen, dass von der gewohnten Arbeitsatmosphäre des Ateliers also Staffeleien, Leinwände, Farben, unzähligen Pinseln und Lappen ein rundherum inspirierendes es Chaos, nichts mehr zu sehen ist aber da hätten wir alle auch kaum Platz gefunden und wahrscheinlich den ein oder anderen Farbkleks abbekommen. Schade, dass sogar Deine farbenfrohe Arbeitskleidung verschwunden ist. Und da Du mit diesem Platz Schaffen beschäftigt warst, liebe D‘oro, habe ich es gern übernommen, Dich und Deine Werke vorzustellen.
Mit den meisten Anwesenden bist Du, die Hamburg ja schon seit dem ersten Lebensjahr die Treue hält, persönlich bekannt mit dem ein oder anderen gar schon aus Deiner wilden Jugendzeit. Du hast ja nicht gerade einen leichten, von Geborgenheit geprägten Start ins Leben gehabt aber ich weiß von Dir, dass seit Deiner Kindheit Malen und Geschichten eine große Rolle für Dich gespielt haben und Du dich sicher auch durch die Widrigkeiten in diesen Jahren zu einer sehr rebellischen, politisch engagierten, freiheitsliebenden Persönlichkeit entwickelt hast mit einem großen Herz, unvoreingenommen, offen und emphatisch für Deine Mitmenschen und Deine Umgebung. Und diese Lebenseinstellung wird so finde ich auch in allen Deinen Arbeiten sichtbar. Die Kunsthochschule hatte Deine Bewerbung bereits akzeptiert, Dein Talent gesehen, aber wie es manchmal so ist, haben finanzielle Schwierigkeiten Dir diesen Weg versperrt, aber aufgegeben hat Du nicht und fortan unermüdlich an Dir gearbeitet. Wenngleich Dir dein Künstlerinnendasein ermöglicht, gesellschaftlichen Normen in gewisser Weise ein Schnippchen zu schlagen, so ist es doch gleichzeitig diese Arbeit als Künstlerin, die eine permanente Auseinandersetzung mit der Gesellschaft erfordert, Dich diszipliniert und bei der Stange hält.
Wann immer ich meinem geregelten Arbeitsalltag zu entfliehen versuche, hältst Du eisern und diszipliniert an deiner selbstgewählten Struktur fest, gönnst Dir nur wenige Unterbrechungen. Dabei bist Du dann wiederum launenhaft so nenne ich jetzt mal Deine Experimentierfreudigkeit, Dich mit ganz unterschiedlichen Materialien auszudrücken. Neben dem immer bei Dir geführten Skizzenbuch, mit dem Du gern Warteaugenblicke, z. b. Bahnfahrten im Stadtgebiet überbrückst, gibt es zarte Aquarelle, Aktzeichnungen, Modellstudien, Linol- und Holzschnitte, Zeichnungen mit Pastellkreiden, die Kamera ist immer in Griffnähe, Acryl- und Ölfarben türmen sich hier normalerweise unübersehbar und irgendetwas muss hier immer trocknen. Es wirkt geradezu spielerisch, wie Du mit all den Materialien umgehst doch tatsächlich steckt eine unablässige Übung und Auseinandersetzung dahinter. Und dass Deine Insperationen vielfältig sind, zeigt uns ein Blick in diese Runde: Vom Blick durch die Kamera auf die „bewohnten Schuhe“ erkennen wir „das Gespenst der Arbeit“, betrachten den Boden auf eine ganz neue Weise Deine „Bodenansichten“ sind Collagen aus Fotografie und Acrylmalerei. Das Problemfeld Beziehung siehst Du „Zettelweise“, Deine Nahaufnahmen offenbaren, das auch das meist Unbeachtete sehenswert ist, aus Deinem Blickwinkel betrachten wir unsere Mitmenschen mit Respekt in unverhüllten Augenblicken, sehen Alltägliches in „Menschen wie wir“. Du entlarvst auch die bestversteckten Sehnsüchte, lässt den Blick in die Ferne schweifen, in der Landschaft ruhen, nach Freiheit und Weite und Natur sehnend, machst uns glauben, dass Frauen bewohnt sind, auch mal in Aufbruchstimmung, führst uns gleich daneben die menschlichen Abgründe vor Augen mit „Fastsichtbar“ und „geschlagenen Argumenten“. Das ist meine Grob-Zusammenfassung der heute hier aufgehängten Werke, die vielleicht ein jeder für sich auch ganz anders interpretieren mag. Die gezeigte Vielfältigkeit ist ein ganz besonderes Merkmal Deines Schaffens und ich kann Euch jetzt nur ermuntern, all diese Herzensangelegenheiten der Künstlerin zu betrachten und Euch ein eigenes Bild zu machen. Die Künstlerin ist anwesend und freut sich über Lob und Kritik.
Ehe Ihr Euch jetzt an die Betrachtung der Bilder begebt, darf ich noch etwas Unerwartetes verkünden:
Ihr alle habt hoffentlich die persönliche Einladungskarte mitgebracht. Und für diejenigen, die nicht daran gedacht haben, liegen hier noch mal Blankoeinladungen bereit, die ihr bitte mit Eurem Namen kennzeichnet, ehe sie in den Verlosungskorb gepackt werden. Unter allen Anwesenden soll ein Werk der Künstlerin verlost werden, dafür stehen drei Bilder zur Auswahl, die hier hinten hängen und von mir nicht besprochen wurden. Und jetzt Bühne frei:
Die Bilder warten auf ihre BetrachterInnen
Die Küche lockt mit Häppchen, leider nicht alle auf einmal
Holger Moritz Schmidt und Thomas Singer lassen von sich hören
Und wem das alles noch nicht reicht Spasssüchtige und Notdürftige haben freien Eintritt ins Dschungelcamp bitte einzeln eintreten und den Vorhang zuziehen!
Uns allen viel Vergnügen und Dir, liebe D‘oro, wünsche ich weiterhin tolle Inspirationen, viel Energie für Deine Tätigkeit, Erfolg und hoffentlich kriegen wir in der Zukunft noch viel von Dir zusehen. Danke für diese Veranstaltung!